HORST LEIFER     22.05.1939     -   24. 01. 2002

N a c h r u f

von Diether Schmidt

Melancholische und ernste Lebenssicht    Horst Leifer hat um sein Leben gemalt

Den letzten Sieg - über den Krebs in der Bauchspeicheldrüse - hat Horst Leifer doch nicht bestanden, trotz entschlossener Abwehr. Er starb in Sanz (Vorpommern) in der Nacht zum Donnerstag. Dresden, das ihn immer wieder vertrieb aus Heimstatt und Lehramt ins abgelegenste Dorf, hat einen gewichtigen Maler verloren.

Abseits der Verführungen zu Ruhm und Markt

Leifer, 1939 in Altreichenau im Riesengebirge geboren, wurde erst Hauer im Bleibergwerk von Freiberg. Er hungerte nach dem Tageslicht und bildete sich an der Dresdner Kunsthochschule zum Maler. Seine ernste und melancholische Lebenssicht machte ihn zum Offenbarer des geistigen Lichts auf Dingen und Gesichtern. Gerhard Kettners Zutrauen öffnete ihm immer wieder Wege zur Vertiefung in künstlerische Tradition und Überlebenshilfen. Seine Selbstrettung war es, sich abseits zu halten von Verführungen zu Ruhm und Markt. Gegen alle Dogmen vertiefte Leifer seinen existenziellen Realismus und wuchs so zu einem unvergleichlichen Porträtisten. In diesen Menschenbildern von seiner Hand lässt sich der Maler mit seinen Modellen auf einen Dialog ein und bezieht auch den Betrachter ein in den prüfend nachdenklichen Prozess vitalistischer Selbstbesinnung. Leifers Bilderwelt ist scheinbar traditionell klassisch erfüllt mit Landschaft und Stillleben, Porträt und Akt im Interieur oder im Freiraum. Auf Modernismen ging er nie ein. Bei Gemälden wie Aquarellen und Zeichnungen lässt er oft Farben und Linien wie Schnürregen fallen oder rinnen. Sein Blick fixiert nicht den Bildgegenstand, sondern lässt ihn hervorwachsen aus den Definitionen des Raumes. Die ganze Bildfläche gerät so in Bewegung. Bloße Feier des Daseins war ihm verdächtig. Er ist ein Dramatiker der Landschaften und der Leiber. Offene Bildform im Unvollendeten aktiviert auch den Beschauer zum Miterleben des Vortrags und Malvorgangs. Nur sehr äußerlich ähnelt seine Arbeit den Jungen Wilden, nächste Beziehungen gibt es wohl zu Giacometti. Seine Palette gründet auf dem Generalbass Schwarz, darum erklingen die erdigen Ockers und Graus und Grüns des frühen Kubismus. Der Melancholiker spannt seine Dramatik zwischen Violett und schwefliges Gelb. Selten liefert Blau Dur-Töne. Leifers Orchestrierung unterwirft sich keiner didaktischen Formalisierung, sondern korrespondiert mit dem Augen- und Geistes-Erlebnis. Eine spezielle Affinität hatte Leifer zum Holz, erst in Holzschnitten, die nicht sehr zahlreich sind, dann in Holzskulpturen. Da fand er einen Weg zwischen Mittelalter und Folklore und den Holzbildhauern unseres vergangenen Jahrhunderts um Barlach und Wilhelm Groß. Bei den vom Leben Geworfenen gewann seine Kunst Zutrauen als Bestätigung eigener Erfahrung. Sammler wie Schleicher oder Kemna oder Alfons Butz spannten seine Anhängerschaft von Hamburg bis zum Bodensee und ins Donauried. Sein Jüchser-Porträt fand Heimstatt in der Dresdner Gemäldegalerie Neue Meister. Ausstellungen machten ihn weitherum im Land bekannt. Das bleibende Gewicht seiner Kunst bleibt zu wägen und zu würdigen. Uns fehlt sein ernstes, unbestechliches Auge für die Wahrheit aus den fünf Sinnen.
 

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